Im Mittelalter waren die Herzöge der Normandie die Herrscher über das Herzogtum Normandie im Nordwesten von Frankreich. Das Herzogtum entstand aus einer Landschenkung an den Wikingeranführer Rollo durch den französischen König Karl III im Jahr 911. 924 und 933 wurde es durch weitere königliche Schenkungen erweitert. Rollos Nachkommen in männlicher Linie regierten es bis 1135. 1202 erklärte der französische König Philip II das Lehen als verwirkt und bis 1204 hatte seine Armee das Herzogtum erobert. Es blieb danach eine französische königliche Provinz unter dem Namen Herzogtum Normandie, wurde aber nur gelegentlich einem Herzog des königlichen Hauses als Lehen gewährt.
Obwohl der Herrscher des Vereinigten Königreiches England im 13. Jahrhundert das Festland der Normandie verlor, wird er bis heute auf den Kanalinseln als "Herzog der Normandie" anerkannt.
Geschichte des Titels[]
Es gibt keine Berichte und Aufzeichnungen darüber, dass Rollo jemals irgend einen Titel besaß. Sein Sohn William I und sein Enkel Richard I nutzten die Titel "Graf" und "Prinz". [1] Vor 1066 war der gebräuchlichste Titel für den Herrscher der Normandie "Graf der Normandie" oder "Graf der Normannen". [2] Der Titel Graf von Rouen wurde niemals in irgend einem offiziellen Dokument benutzt, wurde aber von dem anonymen Autor eines Klageliedes für William I und Richard I bei deren Tod benutzt. Adhemar von Chabannes bezeichnete die normannischen Herrscher noch bis in die 1020er Jahre hinein trotzig als "Grafen von Rouen". Im 12. Jahrhundert bezeichnete der isländische Historiker Ari Thorgilsson Rollo als Ruðu jarl (Earl of Rouen), die einzige bekannte altnordische Form des Titels. [3] Der normannische Historiker William of Poitiers aus dem späten 11. Jahrhundert nutzte den Titel "Graf von Rouen" für die normannischen Herrscher bis zu Richard II. Obwohl Hinweise auf die normannischen Herrscher als Grafen von Rouen sehr spärlich sind und sich auf einige erzählerische Quellen beschränken, gibt es einen Mangel an dokumentarischen Hinweisen für normannische Titel vor dem späten 10. Jahrhundert [4]
Die erste in Quellen belegte Nutzung des Titels Herzog findet sich in einer Schenkung von Richard II im Jahr 1006 an die Abtei Fécamp. Zuvor hatte der Schreiber Richer von Reims Richard I als dux pyratorum bezeichnet, was allerdings nur "Anführer der Piraten" bedeutet und kein Titel war. Während der Herrschaft von Richard II begann die Kanzlei des französischen Königs zum ersten mal, die normannischen Herrscher als "Herzog der Normannen" zu bezeichnen. [1] Bis zur Herrschaft von Wilhelm dem Eroberer 1035-1087 nannten sich die Herrscher der Normandie "Prinz und Herzog, Graf der Normandie", als wären sie unsicher, wie ihr Titel sein sollte. [2] Das lateinische Äquivalent zu "Herzog der Normandie", dux Normanniae, war noch 1066 in Benutzung, [5] ersetzte aber nicht das dux Normannorum bis zur Angevinischen Periode 1144-1204, zu einer Zeit als die normannische Identität im Verschwinden begriffen war. [6]
Richard I experimentierte mit dem Titel "Marquis" bis 966, als dieser auch in einer Urkunde von König Lothar (954-986) benutzt wurde. [7] Richard II nutzte ihn zeitweise, doch er scheint den Titel Herzog vorgezogen zu haben. Es ist seine Bevorzugung des Herzogstitels in seinen eigenen Urkunden, die Historiker glauben lassen hat, dass es der selbst gewählte Titel der normannischen Herrscher war. Er wurde ihnen sicherlich nicht vom französischen Könige gewährt. Im 12. Jahrhundert verbreitete die Abtei Fécamp die Legende, dass er Richard II von Papst Benedikt VIII (1012-24) gewährt worden war. Die französische Kanzlei benutzte ihn unregelmäßig bis nach 1204, als das Herzogtum von der Krone besetzt worden war und die Normandie ihre Autonomie und ihre einheimischen Herrscher verloren hatte. [2]
Der genaue Grund für die Übernahme eines höheren Titels als den des Grafen war, dass die Herrscher der Normandie begannen, den Grafentitel Mitgliedern ihrer eigenen Familie zu gewähren. Die Schaffung von normannischen Grafen, die dem Herrscher der Normandie Untertan waren, erforderte, dass dieser einen höheren Titel annahm. Der gleiche Prozess fand in anderen Regionen von Frankreich im 11. Jahrhundert statt, als der Grafentitel häufiger genutzt wurde und somit an Wert verlor. Die Normannen behielten ihn dennoch der herzoglichen Familie vor und kein nicht-Familienmitglied erhielt eine Grafschaft bis Helias von Saint-Saens von Heinrich I 1106 zum Grafen von Arques gemacht wurde. [2]
Ab 1066, nachdem Herzog Wilhelm II England erobert hatte und zu König Wilhelm I geworden war, hielten die Könige von England oftmals den Titel Herzog der Normandie. 1087 starb Wilhelm I und der Titel ging auf seinen ältesten Sohn Robert Curthose über, während sein zweiter noch lebender Sohn Wilhelm II Rufus England erbte. 1096 verpfändete Robert die Normandie an Wilhelm, dessen Nachfolger als König von England 1100 sein Bruder Heinrich I wurde. 1106 eroberte Heinrich die Normandie. Sie blieb bis 1144 Besitz des Königs von England, als während dem Bürgerkrieg, der als Die Anarchie bekannt wurde, Gottfried V, Graf von Anjou, sie eroberte. Geoffreys Sohn Heinrich II erbte die Normandie 1150 und 1154 England und vereinigte die beiden Titel wieder. 1202 erklärte König Philip II von Frankreich die Normandie als feudales Lehen als verwirkt und bis 1204 hatten seine Armeen sie erobert. Heinrich III gab den englischen Anspruch schließlich 1259 im Vertrag von Paris auf.
Danach bildete das Herzogtum einen Teil des französischen Königreichs. Die Könige des Haus Valois begannen eine Tradition, den Titel ihren Thronfolgern zu gewähren. Er wurde vier mal verliehen (1332, 1350, 1465 und 1785) zwischen der französischen Eroberung der Normandie und der Auflösung der französischen Monarchie im Jahr 1792. Die französische Revolution brachte ein Ende für das Herzogtum Normandie als politische Einheit, das zu dieser Zeit eine Provinz von Frankreich war und schließlich von mehreren Départements ersetzt wurde.
Herrscher der Normandie[]
Grafen der Normandie, 911-996[]
- Rollo, 911-927
- William Longsword, 927-942
- Richard I von der Normandie, der Furchtlose, 942-996
Herzöge der Normandie, 996-1204[]
- Richard II, Herzog der Normandie der Gute, 996–1026
- Richard III, Herzog der Normandie, 1026–1027
- Robert I, Herzog der Normandie, 1027–1035
- Wilhelm II, später Wilhelm I der Eroberer, König von England, 1035–1087
- Robert II Curthose, 1087–1106
- Wilhelm II Rufus, als Regent 1096–1100, König von England
- Heinrich I, König von England, 1106–1135
- William Adelin (unter seinem Vater Heinrich I)
- Wilhelm Clito, als Anwärter 1106–1128
- Stephen von England, 1135–1144 (usurpiert von Matilda, Königin von England)
Haus Plantagenet[]
- Gottfried V, Graf von Anjou, 1144–1150
- Heinrich II, 1150–1189
- Heinrich der Jüngere, 1170–1183
- Richard I Löwenherz, 1189–1199
- Johann, König von England, 1199–1216, verlor das Festland der Normandie 1204.
- Heinrich III, 1216–1259, gab das Festland der Normandie und den Herzogstitel im Vertrag von Paris 1259 auf.
Französische Provinz (1204–1792)[]
1204 konfiszierte der König von Frankreich das Herzogtum Normandie, nur die Kanalinseln blieben unter englischer Kontrolle, und fügte es in die Ländereien der Krone von Frankreich ein. Danach hielten verschiedene französische Prinzen den Titel des Herzogs. 1332 gab König Philip VI das Herzogtum als Lehen an seinen Sohn Johann, der 1350 König Johann II von Frankreich wurde. Er verlieh das Herzogtum an seinen Sohn Karl, den späteren Karl V. Ludwig XI verlieh 1465 unter Zwang das Herzogtum an seinen Bruder Karl de Valois, Herzog von Berry. Karl konnte das Herzogtum jedoch nicht halten und es ging 1466 wieder in die Ländereien der Krone ein und blieb ein Teil davon. Vor der Abschaffung der französischen Monarchie im Jahr 1792 wurde der Titel einigen Mitgliedern der französischen Königsfamilie verliehen.
- Johann II von Frankreich, 1332–1350.
- Karl V von Frankreich, 1350–1364
- Karl, Herzog von Berry, 1465–1466
- James II von England. Wenige Monate, nachdem sein Bruder Charles II nach dem Commonwealth wieder als König von England eingesetzt wurden war, erklärte König Ludwig XIV James zum "Herzog der Normandie". Dies sollte vermutlich eine politische Geste der Unterstützung sein. [8]
- Ludwig-Karl, Sohn von Ludwig XIV, später Dauphin und Titularkönig Ludwig XVII, 1785–1789
Anmerkungen[]
- ↑ 1,0 1,1 Chibnall, Marjorie, 2006, The Normans
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 Crouch, David, (1992) The Image of Aristocracy in Britain, 1000–1300
- ↑ Douglas, David C., (1946) "The Earliest Norman Counts", The English Historical Review
- ↑ van Houts, Elisabeth (2000, ed.), The Normans in Europe
- ↑ George Beech, "The Participation of Aquitanians in the Conquest of England 1066–1100", in Brown, R. Allen, ed., Anglo-Norman Studies IX: Proceedings of the Battle Conference, 1986
- ↑ Webber, Nick, (2005) The Evolution of Norman Identity, 911–1154
- ↑ Crouch, David, (2002) The Normans: The History of a Dynasty
- ↑ Weir, Alison, (1996) Britain's Royal Families: The Complete Genealogy